Das Leben aus einer anderen Perspektive – Rhönradturnen- ein Hobby zum Durchdrehen

„Füße um die Bretter klammern! Knie gerade. Hüfte!“ Die Trainer des TV Friedrich-Ludwig-Jahn Salzwedel rufen dem Turner im Rhönrad zu, was er verbessern soll. Jede Woche am Donnerstag kommen die Kinder für eine Stunde in die Turnhalle, um im „Hamsterrad“ Highspeed zu geben. Auch heute ist wieder eine Menge los!

Beginn des Trainings
Langsam wird es laut in der Halle, kurz vor halb vier, die ersten Kinder kommen. Währenddessen wird ein Rhönradtunnel aus den über 20 Rädern des Vereins aufgebaut. Ein Anblick, den der Trainer Hagen Schulze liebt. Dieser ist schon seit 13 Jahren Trainer und denkt noch lange nicht daran aufzuhören: „Ich bin eigentlich nur Rhönradvorsitzender geworden, um es zu erhalten nachdem der Vorherige gesagt hat, dass er aufhört. Doch inzwischen ist es mir auch wichtig, dass es weitergeht!“
Als dann alle Kinder eingetroffen sind, beginnt eine Trainerhelferin das mit der Erwärmung. Erst wird gelaufen, dann kommt die Dehnung. „Damit ihr morgen keinen Muskelkater habt!“, sagt sie zu den Rhönradturnern des TV Jahn Salzwedel.
Dieser Verein macht nicht nur das Rhönradturnen, sondern veranstaltet auch den jährlichen
Frauensporttag mit dem Kreissportbund und andere Sportarten für Groß und Klein, wie zum
Beispiel das Mutter-Kind-Turnen. Doch Rhönrad ist und bleibt das Aushängeschild!
Nach der Erwärmung bauen die Kinder ihre Bindungen in ihr Rhönrad, welches ein Sportgerät
aus zwei parallelen Stahlreifen, die durch sechs Sprossen verbunden sind ist, ein. Diese Bindungen werden an den Brettern befestigt und sorgen dafür, dass die Füße des Turners mit dem Rhönrad verbunden sind. Jetzt kann das richtige Training beginnen! Eine echt runde Sache!

Nun geht jeder Trainer zu einem Turner und turnt mit ihm die Übungsfolge (Kür) durch. Jetzt
können sich die Kinder so richtig austoben. Dabei wird bewusst nicht auf Leistung gesetzt.
„Die Kinder sollen hier mit einem Lachen rausgehen und einfach mal Hausaufgaben, Schule und ihren ganzen Stress vergessen!“, meint Trainerin Carmen Gratopp. Und dieser Perspektivwechsel kommt an: „Ich finde es toll, dass wir und auch mal was wünschen dürfen und das dann auch mit uns gemacht wird. Außerdem lernen wir hier so viele neue Sachen.“, erzählt die siebenjährige Luna voller Freude. Während die Kinder turnen schauen ihre Eltern und Großeltern begeistert zu: „Man fühlt sich hier wirklich gut aufgenommen, auch als Elternteil. Zudem ist es schön, dass alle Kinder hier gleich behandelt werden. Und wenn man das eigene Kind freudig im Rad toben sieht, da geht einem sowieso das Herz auf.“
Mit den Turnerinnen und Turnern, bei denen noch kein Trainer ist, wird Krafttraining gemacht oder sie beschäftigen sich selber im Rad. Das gefällt vor allem der 12-jährigen Lucy: „Ich finde es gut, dass wir auch mal was alleine machen dürfen und dabei keine strickten Regeln haben.“

Man merkt und hört, dass die Kids hier total Spaß haben und sich wohl fühlen. Das ist den Trainern sehr wichtig. Außerdem entstehen hier Freundschaften, mit derselben Leidenschaft.
Momentan werden neun Turner auf den Wettkampf vorbereitet, welcher in zwei Tagen ansteht. Da ist es beim Training besonders spannend und aufregend, denn es ist äußerste Konzentration gefragt! Eine der älteren Turnerinnen berichtet den jüngeren Turnern, damit sie wissen was auf sie zukommt: „Es wird sein wie damals, beim letzten Wettkampf vor Corona: viele verschiedene Vereine reisen an und es sind rund 40 Starter. Wir tragen Turnanzüge und in unseren Haaren ist gefühlt eine Dose  Haarspray, damit alles an seinem Platz bleibt! Wir turnen nacheinander vor dem Kampfgericht vor und werden bewertet. Alles ist mucksmäuschenstill und total aufregend. Unser Verein tritt zwar nur in der Anfänger-und Freizeitklasse an und hat somit nicht viele Schwierigkeitspunkte, kann aber immer mit Sauberkeit punkten.“
Nach einer Stunde wird das Training mit einem Spiel beendet. Trotzdem Nachwuchssorgen?

Nachdem die Kinder der ersten und zweiten Gruppe abgeholt wurden, haben die Trainerhelfer Zeit für sich, um zu turnen. Die drei Mädels im Alter von 13 bis 16 helfen schon seit einem Jahr in dem ersten zwei Gruppen. Dabei verdienen sie sich auch ein wenig dazu. „Es ist nicht viel, aber ein wenig zur Anerkennung.“, sagt Trainerin Carmen. Die drei kommen frisch von ihrer Kampfrichter- und Trainerhelferausbildung, für die sie sogar Prüfungen in Magdeburg absolvieren mussten. Doch trotzdem bestehen bei Hagen Schulze Sorgen um den Trainer-Nachwuchs: „Wir sind zwar zwei Trainer und unsere drei Großen. Doch im letzten Jahr sind drei unserer Trainer weggebrochen, da sie aufgrund von Studium, Ausbildung und so weiter weggezogen sind. Wer den Verein irgendwann mal übernehmen wird ist noch unklar!“
Nachdem die Mädels mit dem Turnen fertig sind, ist das Training geschafft! Das Motto
wurde heute wieder zu 100% erfüllt: „Runde deine Freizeit ab, hier kannst du durchdrehen!“
Mal so richtig durchdrehen, wäre das auch etwas für Sie?

Von Victoria Barth

Klass 8a

Friedrich-Ludwig-Jahn-Gymnasium Salzwedel