Schulbegleiter – „Wir sind der Schatten ihres Kindes“- Ein Arbeitstag als Schulbegleiter/in

11:00 Uhr im Förderzentrum in Salzwedel. Gerade eben hat Lehrerin Franke den Kunstunterricht beendet, doch für die Schulbegleiterin Ramona Müller, gibt es jetzt keine Pause. Ob Unterricht oder Schülerpause, der zu Betreuende, muss sich stets auf die Unterstützung des Schulbegleiters verlassen können. Aber wie sieht so ein Arbeitstag ohne Pausen aus?

Um 6:55 fährt Ramona los. Aufgrund der aktuellen, kritischen Parksituation durch Bauarbeiten fahren viele Mitarbeiter der Schule nun schon 15 Minuten früher los, um entweder einen Parkplatz zu erwischen, oder auf einem anderen Gelände zu parken, um von dort aus zur Arbeitsstelle zu laufen. Statt 7:15 beginnt der Arbeitstag für Ramona praktisch also schon um ca. 7:00 Uhr. Nachdem sie sich einen Parkplatz erhascht, geht es los. Am Tor wartet sie auf den Schüler, der mit seinem Elektrorollstuhl selbstständig zur Schule kommt. Sobald er da ist, gehen sie gemeinsam zum Klassenraum. Dort werden die beiden schon von den freudigen Kindern begrüßt. Am Platz angekommen, zieht Ramona die Jacken der beiden aus und packt den Ranzen aus, da dies aufgrund der Diagnose Muskeldystrophie Typ Duchenne, gebräuchlich „Muskelschwund“, nicht mehr selbständig vom Schüler durchführbar ist.

Um halb 8 geht es mit dem Unterricht los. Da der von Ramona zu betreuende Schüler nicht nur eine körperliche Erkrankung hat, sondern zudem noch geistig eingeschränkt ist, muss die Schulbegleiterin die ganze Stunde lang, vollen Einsatz aufzeigen. Das scheint nicht einfach zu sein, da die Schulbegleiterin nun auch auf den Unterrichtsstoff eingehen und auch Empathie für den Schüler zeigen muss.

Zwischendurch, führe ich ein Gespräch mit einem Mitschüler des Betroffenen. „Ich finde es sehr schön, dass Frau Müller bei uns ist. Sie hilft auch uns immer, wenn die Lehrer in dem Moment schon beschäftigt sind oder hilft ihnen direkt. Zudem hat sie auch immer ein offenes Ohr für uns. Wir verstehen uns alle super. Sie und … (Name des Betroffenen) sind ein gutes Team, wenn er zum Beispiel mal mies drauf ist, muntert sie ihn direkt auf und motiviert ihn zum weitermachen. Frau Müller merkt an sich schnell, wenn es einem von uns nicht gut geht, wahrscheinlich, weil sie die Einzige ist, die Stunde für Stunde immer bei uns ist, kein Lehrer kennt uns so wie sie. Es ist unglaublich, dass sie das alles so gut gleichzeitig hinbekommt.“ meint er.

Zwanzig Minuten vor Ende der Stunde muss der Schüler auf die Toilette, eine weitere nicht ganz einfache Interaktion. Gerade bei einer körperlichen Erkrankung, muss das Vertrauen zwischen Begleiter und Schüler gut sein, zudem dürfen die Schulbegleiter keine Berührungsängste haben und müssen körperlich dazu fähig sein, jemanden vom Rollstuhl zum WC zu bewegen. Trotz der Vorrichtungen ist es sicher eine körperliche Herausforderung.

Nachdem der Schüler soweit ist, und die hygienischen Teile erledigt sind, geht es zurück in den Klassenraum.

Es klingelt zur Pause, das heißt für die beiden also, Jacke an und raus auf den Pausenhof. Die Schulbegleiterin hält auf dem Hof einen gewissen Abstand, um dem Schüler, und somit auch seinen Freunden, natürlichen Freiraum zu gewähren, muss aber immer aufmerksam in der Nähe sein.

Bei dem nächsten Fach, Kunst, muss ebenfalls viel geholfen werden. Beim Malen mit Tusch- oder Acrylfarben bereitet die Begleiterin den Tisch vor, indem sie zum Beispiel Wasser zum Pinsel auswaschen holt. Malen tut der Schüler meistens alleine, es sei denn, er benötigt dringend Hilfe.

Mittlerweile 11:20 Uhr, nach einer weiteren Pause würde es jetzt regulär zum Sportunterricht gehen, allerdings fällt das ja für den Betreffenden aus. Daher gibt es jetzt eine Förderstunde, in der alles Versäumte nochmal geübt und nachgeholt werden kann.

Das betreut die Schulbegleiterin jetzt alleine, ohne Lehrer. Um 13:15 Uhr ist der Schultag des Schülers beendet.

Alleine schon durch diese ganzen Aufgaben, bin ich der Ansicht, dass der Job viel zu wenig geschätzt wird, denn nicht nur in der Schule wird gearbeitet, sondern auch danach mit dem Elternhaus, indem Ramona zusätzlich die Hausaufgabenhilfe anbietet. Oft wird gemeint, ein Schulbegleiter zu sein, sei einfach und nicht wirklich besonders. Ganz im Gegenteil, der Beruf ist sehr anspruchsvoll und ich bin der Überzeugung, dass er für viele nicht geeignet ist. Zudem allem, sorgen Schulbegleiter für die Orientierung im räumlichen und sozialen Umfeld und unterstützen bei der Kommunikation und Interaktion mit den Mitschülern. „Es ist ein großes Zusammenspiel des Umfelds, wenn man nicht zusammenarbeitet, also Eltern, Lehrer etc., kann es zu Problemen kommen, unter denen hauptsächlich der Schüler leidet.“ bestätigt Ramona. Sicherlich nicht sehr leicht dieses Gleichgewicht zu erhalten.

Von Shania Weber

Klasse 8b

Friedrich-Ludwig-Jahn-Gymnasium Salzwedel